Präludien: Filmische Annäherungen an die Musik

zu den HERBSTGOLD-Videos von Tobias Hermeling

Konzerte klassischer Musik beziehen sich auf einen klar definierten Musikkanon, z. B. auf die Barockmusik, die Wiener Klassik, oder die Musik der Romantik, sie kommen aber auch in ihrer äußeren Form meist „klassisch“ daher: Das Publikum ist im besten Alter und gut gekleidet, die Sitzplätze sind nummeriert und aufgefädelt, man setzt sich, blättert im Programmheft, dann kommt das Orchester, später der Dirigent / die Dirigentin auf die Bühne, beiden wird applaudiert, kurz darauf wird es still und die Musik beginnt.

Solche standardisierten und eingeübten Formen haben ihren Sinn und ihre Schönheit. Besonders in einem so festlichen Ambiente wie dem Haydnsaal im Schloss Esterházy. Dennoch wird dieses Jahr bei HERBSTGOLD ein Experiment gewagt: Initiiert durch den Festivalleiter Andreas Richter wird den Konzerten jeweils ein visuelles Präludium in Form von kurzen Videoclips vorangestellt, die der Künstler Tobias Hermeling eigens für das diesjährige Festival gestaltet hat. Es wäre schön, wenn die kurzen Videos eine ähnlich „eröffnende Wirkung“ auf den Konzertabend haben könnten, wie sie einst einem musikalischen „Präludium“ als einem frei improvisierten Vorspiel zukam.

Projiziert werden die Clips auf zwei Leinwänden über der Orchesterbühne. Formal werden die beiden Leinwände das zyklische Bildprogramm aus der Barockzeit, das die Decke des ehemaligen Festsaals überzieht, fortsetzen. Inhaltlich werden sie der dargestellten Liebesgeschichte von Amor und Psyche aber eher widersprechen. Tobias Hermeling, der sich in der Vergangenheit filmisch bereits erfolgreich der Musik Mozarts („In Search of Mozart“, 2006) und Bachs („Johannespassion“, 2007) angenommen hat, hat für HERBSTGOLD die Beziehung zwischen Ludwig van Beethoven und Joseph Haydn vor die Kamera geholt. Und bekanntermaßen war dieses Verhältnis weniger von Liebe als von Spannung und Konkurrenz bestimmt.

Hermeling nähert sich den beiden Kontrahenten in Form einer Spurensuche: „Meine Videoarbeit zu Beethoven und Haydn kommt einer kleinen Reise gleich, bei der sich die beiden Komponisten durch Assoziationen in Form von Bildern, korrespondierenden Bewegungen und Überlagerungen begegnen werden. Mich interessiert es besonders, mit Bildern Räume zu erzeugen, die andere Perspektiven auf Beethoven und Haydn zulassen.“ Hermelings Videoclips werden eine Länge von circa zwei bis drei Minuten haben. Zum Teil werden sie die beiden Projektionsleinwände im „Split-Screen-Verfahren“, also getrennt, nutzen.